Neuigkeiten aus Erfurt

In einer mit Spannung erwarteten Entscheidung (BAG, Urteil vom 07.02.2024 – Az. 5 AZR 177/23) hat das Bundesarbeitsgericht die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Annahmeverzugslohnansprüchen durch Arbeitnehmer nach einem gewonnenen Kündigungsschutzverfahren präzisiert.

Grundsätzlich gilt, dass Beschäftigten im Falle eines gewonnenen Kündigungsschutzprozesses gegen den Arbeitgeber ein Anspruch auf Nachzahlung der zwischenzeitlichen Vergütung zusteht, obgleich keine Arbeitsleistung erfolgt ist. Dieser Anspruch ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges, §§ 293 ff. BGB. Allerdings muss sich der Arbeitnehmer gemäß § 11 KSchG dabei anrechnen lassen, was er durch anderweitige Arbeit verdient hat oder – und hier liegt das Problem – hätte verdienen können.

Der tatsächlich erlangte Zwischenverdienst, hierzu zählt u.a. auch Arbeitslosengeld, wird sich meist leicht feststellen lassen, zumal der Arbeitnehmer laut Rechtsprechung zur entsprechenden Auskunftserteilung hierüber verpflichtet ist. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, welchen (fiktiven) Zwischenverdienst der Arbeitnehmer hätte erlangen können. Das Gesetz beschränkt die Anrechnung auf „böswillig“ unterlassenen und „zumutbaren“ Verdienst. In welchen Fällen von einem „böswilligen“ Verhalten des Arbeitnehmers auszugehen ist, war jedoch bislang weitgehend unklar. Nachdem das Bundesarbeitsgericht in Vergangenheit bereits klargestellt hatte, dass zu den Verpflichtungen des Arbeitnehmers dabei zumindest gehört, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos zu melden und auf deren Vermittlungsvorschläge zu reagieren, erweitert das in Erfurt ansässige höchste deutsche Arbeitsgericht in seiner neuen Entscheidung die Anforderungen an die Arbeitnehmer zum Teil erheblich. So darf sich der Arbeitnehmer nicht allein auf die von der Bundesagentur für Arbeit konkret vorgeschlagenen Ausschreibungen beschränken, sondern muss ggf. auch aktiv auf deren Portal nach freien Stellen suchen. Der Arbeitnehmer muss dabei auch eine niedrige Vergütung in Kauf nehmen, sofern die Vergütung die Höhe des Arbeitslosengeldes nicht unterschreitet. Zu berücksichtigen ist weiter, inwieweit sich der Arbeitnehmer gegenüber dem Agentur für Arbeit offen für eine Zwischenbeschäftigung gezeigt hat und wie ernsthaft seine Bewerbungsbemühungen waren.

Eine abschließende Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht in dem genannten Fall noch nicht getroffen, sondern den Fall zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Aufgrund der ausführlichen Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts steht jedoch bereits fest, dass Arbeitgebern künftig nunmehr deutlich mehr Möglichkeiten für Einwendungen gegen Annahmeverzugslohnforderungen zur Verfügung stehen.“