Grundsätzlich: Wer muss Künstlersozialabgabe zahlen?
- Typische Verwerter: Unternehmer müssen Künstlersozialabgabe (im Folgenden: KSA) abführen, wenn sie ein Unternehmen betreiben, das in dem Katalog des § 24 Abs. 1 KSVG aufgelistet ist (z.B. Theater, Orchester, Galerie). Als Unternehmen gelten auch Einzelkünstler*innen, gemeinnützige Vereine etc. Diese im Katalog aufgeführten Unternehmer werden umgangssprachlich als „typische Verwerter“ bezeichnet.
- Eigenwerber: Unternehmer müssen KSA abführen, wenn sie für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht lediglich gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler*innen erteilen (§ 24 Abs. 1 S. 2 KSVG; Künstlersozialversicherung, Ruppelt/Küttner, Rn. 26-27). Diese Unternehmer werden umgangssprachlich als ,,Eigenwerber“ bezeichnet. Eine lediglich gelegentliche Auftragserteilung an Künstler*innen liegt vor, wenn das Entgelt für den Auftrag EUR 450,00 nicht übersteigt (§ 24 Abs. 3 KSVG).
- Verwerter i. S. d. § 24 Abs. 2 KSVG: Unternehmen müssen auch dann KSA abführen, wenn sie zwar keine typischen Verwerter sind, sie allerdings Verwerter i. S. d. § 24 Abs. 2 KSVG sind. Ein Unternehmen ist Verwerter i.S.d. § 24 Abs. 2 KSVG, wenn es
- nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler*innen und Publizist*innen vergibt,
- um deren Werke für das eigene Unternehmen zu nutzen, und
- wenn das Unternehmen im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt.
Zu (1.3.1) gelegentliche Auftragserteilung
Von einer gelegentlichen Auftragserteilung wird in zwei Fällen gesprochen: Erstens, wenn nicht mehr als drei Veranstaltungen im Jahr durchgeführt werden, in denen die künstlerische Leistung dargeboten wird (§ 24 Abs. 2 S. 2 KSVG). Zweitens, wenn das Entgelt für den Auftrag nicht EUR 450,00 im Jahr übersteigt.
Bsp.: Der Verband zur Förderung von kulturellem Austausch veranstaltet vier Mal im Jahr einen Abend mit einer kleinen Theatergruppe. Die Theatergruppe erhält für ihren Auftritt EUR 1000,00. Für den Abend werden die Gäste über den internen Newsletter eingeladen. Das Eintrittsgeld beläuft sich auf EUR 3 pro Person.
Der Verband wird in der Regel kein typischer Verwerter i.S.v. § 24 Abs. 1 S. 1 sein (betreibt kein Theater). Er veranstaltet jedoch häufiger als drei Mal im Jahr eine Aufführung, sodass er KSA abführen muss.
Zu (1.3.3) – > keine Einnahmeerzielung
Keine Einnahmeerzielung kann vorliegen, wenn der Verband keinen Eintritt für die Aufführungen verlangt. Gem. § 24 Abs. 2 KSVG ist es für die Verpflichtung eines Verwerters, KSA abzuführen, Voraussetzung, dass die künstlerische Leistung im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erzielung von Einnahmen steht. Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang ist nach unserer Auffassung nicht gegeben, wenn die Aufführung zwar durch öffentliche Mittel gefördert wird, jedoch keine Eintrittsgelder eingenommen werden. In diesem Fall besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Kunstverwertung und der Erzielung der Einnahmen.
Welche Zahlungen an Personen/Gesellschaften lösen KSA aus?
- Verwerter, die an natürliche Personen (selbständige Künstler*innen) ein Honorar für künstlerische Leistung zahlen, müssen KSA abführen. Gleiches gilt für Zahlungen an eine GbR. Die GbR ist zwar keine natürliche Person, jedoch wird sie im Zusammenhang mit der KSA einer natürlichen Person gleichgestellt (NJOZ 2011, 1218, Rn. 15). Der Verwerter muss auch KSA abführen, wenn die natürliche Person oder die GbR ihren Sitz im Ausland hat.
- Zahlungen an juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts (GmbHs, Vereine und andere Körperschaften) sowie denen im Sinne der KSK gleichgestellte Rechtsformen (OHG, KG) lösen in der Regel keine Künstlersozialabgabe aus. Es wird davon ausgegangen, dass sie selber keine künstlerische Leistung erbringen und die Künstlersozialabgabe im Rahmen der Zahlungen an die Künstler*innen und Publizist*innen bereits von den juristischen Personen abgeführt wurde (Künstlersozialabgabe, Jürgensen, 4. Auflage, S. 83).
Der Grundsatz, wonach keine KSA bei Zahlungen an juristische Personen anfällt, gilt u.a. nicht, wenn diese juristische Personen sog. Dritte i. S. d. § 25 Abs. 1 S. 2 KSVG oder § 25 Abs. 2 KSVG sind.
Um Dritte i.S.d. § 25 Abs. 1 S. 2 KSVG handelt es sich, wenn eine nicht zur Abgabe verpflichtete Person (Sitz im Ausland oder kein Verwerter i.S.d. § 24 KSVG) eine Zahlung an ein/e Künstler*in leistet und der/die Künstler*in die künstlerische Leistung für einen Abgabepflichtigen (ein Theater mit Sitz in Deutschland) erbringt. Um Dritte i.S.d. § 25 Abs. 2 KSVG kann es sich auch bei Kommissionsgeschäften und Vermittlungen von Kunstverkäufen handeln. Näheres hierzu unter 3. dieser Ausführungen.
- Konstellationen mit Auslandsbezug
- Verwertung im In- oder Ausland
Der Verwerter muss KSA abführen, wenn er die künstlerische Leistung in Deutschland verwertet. Auf den Wohnsitz der Künstler*in kommt es nicht an, vgl. BSG Urteil vom 25.10.1995 – 3 RK 11/94; BSG Urteil vom 20.07.1994 – 3/12 RK 63/92.
Bsp.: Ein französischer Musiker tritt für einen deutschen Veranstalter auf einem Festival in Deutschland auf.
Die Veranstaltung findet in Deutschland statt, sodass der deutsche Veranstalter die KSA abführen muss.
Bei ausschließlicher Verwertung der Leistung von Künstler*innen im Ausland ist keine KSA zu zahlen (vgl. BSG Urteil vom 18.09.2008, Aktenzeichen B 3 KS 4/07 R). Das gilt selbst dann, wenn die Künstler*innen, die in Italien auftreten, in Deutschland ansässig sind.
Bsp.: Ein deutscher Veranstalter organsiert und veranstaltet eine Tournee des russischen Nationalballetts in Italien. Die Inszenierung wurde in Russland erprobt.
Der deutsche Veranstalter muss keine KSA abführen, da er die künstlerische Leistung nicht in Deutschland verwertet. Besteht jedoch die Möglichkeit, dass die im Ausland erprobte Aufführung auch in Deutschland gezeigt werden könnte, muss der Verwerter auch auf das Probenhonorar im Ausland Künstlersozialabgabe abzuführen (vgl. BSG Urteil vom 18.09.2008, Aktenzeichen B 3 KS 4/07 R). Die Möglichkeit der Aufführung in Deutschland führt dazu, dass auch die Proben in Russland einen Inlandsbezug aufweisen.
- Verwerter mit Sitz im Ausland
Unternehmen mit Sitz im Ausland müssen keine KSA abführen. Dies gilt selbst dann, wenn der Auftritt in Deutschland stattfindet. Nach dem Territorialprinzip kann die Künstlersozialabgabe nur von Verwertern mit Sitz in Deutschland erhoben werden, vgl. § 36a KSVG i.V.m § 30 Abs. 1 SGB I; Münchner Anwaltshandbuch Sozialrecht, 5. Auflage, 2018 Rn. 110.
Bsp.: Ein englischer Veranstalter veranstaltet in Deutschland ein Festival und bezahlt die Künstler*innen für ihren Auftritt.
Auf das Honorar der Künstler*innen muss der Veranstalter keine KSA zahlen, da der Veranstalter seinen Sitz nicht in Deutschland hat.
Zusammenfassend halten wir fest, dass nach dem bisher Aufgeführten der Veranstalter KSA abführen muss, wenn er i.S.d. § 24 Abs. 1 oder 2 KSVG Verwerter ist, er die künstlerische Leistung in Deutschland verwertet und er seinen Sitz in Deutschland hat. Auf den Sitz der Künstler*innen kommt es hingegen nicht an.
Bei unseren bisherigen Beispielen waren zwei Vertragspartner vorhanden (Künstler*innen und Veranstalter).
- Drei-Personenkonstellation mit Auslandsbezug mit zeitlich-sachlichem Zusammenhang (§ 25 Abs. 1 S. 2 KSVG)
Beispiel: Verträge mit Produktionsfirmen aus dem Ausland
Ab drei Personenkonstellationen ist sorgfältig zu prüfen, ob und wer die KSA abführen muss.
Sofern ein nicht abgabepflichtiger Dritter (z.B. Produktionsfirma mit Sitz im Ausland) Entgelt für eine künstlerische Leistung (Honorare an Künstler*in) zahlt, die für einen Abgabepflichtigen (Auftritt bei einem Theaterveranstalter in Deutschland) erbracht wird, muss der Abgabepflichtige KSA abführen, vgl. § 25 Abs. 1 S. 2 KSVG.
Bsp.: Ein Theater mit Sitz in Deutschland veranstaltet ein Festival. Die Gruppe Powergame soll bei dem Festival auftreten. Die Gruppe Powergame hat eine Produktionsgesellschaft (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) mit Sitz in England, die die Verträge mit den Veranstaltern abschließt. Das Theater mit Sitz in Deutschland schließt den Vertrag mit der Produktionsgesellschaft mit Sitz in England ab und zahlt an diese das Entgelt. Die Produktionsgesellschaft mit Sitz in England schließt wiederum einen Vertrag mit den Künstler*innen ab und zahlt an diese das Entgelt.
Der inländische Veranstalter muss keine KSA auf das Honorar abführen, das er an die ausländische Produktionsfirma geleistet hat. Bei der ausländischen Produktionsfirma handelt es sich um eine juristische Personen. Auf Zahlungen an juristische Personen müssen keine KSA abführt werden.
Die ausländische Produktionsfirma muss keinen KSA auf das Honorar abführen, das sie an die Künstler*in gezahlt hat. Verwerter mit Sitz im Ausland müssen keinen KSA abführen.
Der inländische Veranstalter muss jedoch nach § 25 Abs. 1 S. 2 KSVG KSA auf das Entgelt abführen, das die Künstler*innen von dem ausländischen Vertragspartner erhalten. Bemessungsgrundlage für die KSA ist demnach nicht das gesamte Entgelt, welches das deutsche Theater an die ausländische Produktionsfirma zahlt. Vielmehr ist lediglich das Entgelt Bemessungsgrundlage für die Berechnung der KSA, das die Theatergruppe von der ausländischen Produktionsgesellschaft erhalten hat, vgl. § 25 Abs. 1 S. 2 KSVG. Ist das Entgelt nicht bekannt, sollen laut KSK grundsätzlich 25 % aller Bruttoeinnahmen aus Kartenverkauf, Merchandising etc. als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt werden, vgl. Informationsschrift Nr. 4 des KSK; http://bdk-obb.de/wp-content/uploads/Info_04-Abgabepflicht_von_Veranstaltern.pdf.
Der soeben erörterte § 25 Abs. 1 S. 2 KSVG (Abgabepflicht des inländischen Verwerters bei Vertragskonstellationen mit einer ausländischen Produktionsfirma) bezieht sich auf drei Personenkonstellationen, deren Vertragsbeziehungen in einem zeitlich, sachlichen Zusammenhang stehen.
- Drei-Personenkonstellation mit Auslandsbezug ohne zeitlich-sachlichen Zusammenhang (§ 25 Abs. 4 KSVG)
Im Zusammenhang mit Rechtsgeschäften, die einen Auslandsbezug aufweisen, ist auch der § 25 Abs. 4 KSVG von Bedeutung. § 25 Abs. 4 KSVG bezieht sich auch auf Drei-Personenkonstellationen, die in keinem einheitlichen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Kein einheitlicher sachlicher und zeitlicher Zusammenhang ist gegeben, wenn beispielsweise die Künstler*in ein Werk an eine Galerie in Frankreich verkauft, ohne dass zu diesem Zeitpunkt feststeht, ob, wann und an wen das Werk (weiter) verkauft werden soll. Nach einiger Zeit wird das Werk an einen deutschen Galeristen weiterverkauft.
Gem. § 25 Abs. 4 KSVG hat der inländische Verwerter, der von einer im Ausland ansässigen juristischen Person (die nicht selber Künstler*in des Werkes ist) ein künstlerisch oder publizistisches Werk eines selbständigen Künstlers erwirbt, KSA abzuführen. Dies gilt nur dann, wenn dieser zum Zeitpunkt der Schaffung der Herstellung des Werkes seinen Wohnsitz in Deutschland hatte. Als Bemessungsgrundlage gilt das von der Person/Gesellschaft mit Sitz im Ausland an die Künstler*in gezahlte Entgelt.
Die Abgabeflicht entfällt, wenn der inländische Verwerter nachweist, dass von dem Entgelt Künstlersozialabgabe gezahlt worden ist oder die Veräußerung des Werkes mehr als zwei Jahre zurückliegt.
Bsp.: Eine in Deutschland ansässige Bühnenbildnerin verkauft ihr Bühnenbild an eine portugiesische Produktionsgesellschaft. Diese verkauft es ein Jahr später weiter an ein Theater in Deutschland.
Hier muss das Theater in Deutschland KSA abführen, obwohl Vertragspartner des Theaters eine juristische Person ist. Bemessungsgrundlage ist wie in § 25 Abs. 1 S. 2 KSVG die Höhe des von der ausländischen Produktionsgesellschaft an die Bühnenbildnerin gezahlte Honorar.
- Bemessungsrundlage KSA bei Auslandsbezug
Bei Bemessungsgrundlage für die KSA ist die sog. Ausländersteuer zu berücksichtigen. Die Bemessungsgrundlage setzt sich aus dem Auszahlungsbetrag sowie der Abzugssteuer zusammen, vgl. http://www.kuenstlersozialkasse.de/unternehmen-und-verwerter/bemessungsgrundlage.html. Die Umsatzsteuer ist nicht Bestandteil der Bemessungsgrundlage.