Die Satzungen von eingetragenen Vereinen sehen häufig eine schriftliche Einberufung der Mitgliederversammlung vor. Regelmäßig stellt sich (auch) hier die Frage, ob eine Einladung per E-Mail dieser Schriftform genügt, wenn die Mitglieder ihre E-Mail-Adresse beim Verein hinterlegt haben.
Das OLG Hamm hat diese Frage in seiner Entscheidung vom 24.09.2015 (Az. 27 W 104/15) bejaht.
In diesem Fall hatte der beteiligte Verein eine von der Mitgliederversammlung beschlossene Satzungsänderung beim Amtsgericht angemeldet. Das Amtsgericht meldete gegen die Wirksamkeit des Beschlusses Bedenken an, da die Einladung zur Mitgliederversammlung per E-Mail und nicht – wie von der Satzung vorgesehen – in Schriftform erfolgt sei.
Das OLG Hamm folgte dieser Auffassung nicht und schloss sich derjenigen des OLG Hamburg (Beschluss vom 06.05.2013 – 2 W 35/13) an.
Bereits das OLG Hamburg führte insoweit aus:
Im Gegensatz zum Recht der Aktiengesellschaft, der GmbH und der Genossenschaft enthält das Vereinsrecht keine Vorschrift, in welcher Form die Mitgliederversammlung einzuberufen ist. Die in Vereinssatzungen vorgeschriebene Schriftform ist daher grundsätzlich als sogenannte gewillkürte Schriftform i.S. des § 127 BGB und nicht wie eine durch das Gesetz – z.B. in § 51 GmbHG – vorgeschriebene Schriftform i.S. des § 126 BGB zu behandeln. Gemäß § 127 Abs. 1 i.V.m. § 126 Abs. 3 BGB kann daher die in der Satzung festgelegte Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden.
Nach Ansicht des OLG Hamm ist Formzweck der vorliegenden Satzung – wie regelmäßig in einem derartig gelagerten Sachverhalt – darauf gerichtet, die Kenntnis der Mitglieder von der Anberaumung einer Mitgliederversammlung unter Angabe der Tagesordnung zu gewährleisten. Dies könne auch durch eine Einladung per E-Mail erfolgen.
Nach Sinn und Zweck unterscheide sich das satzungsmäßige Schriftformerfordernis damit bei einer Einladung der Vereinsmitglieder zu einer Mitgliederversammlung deutlich von einem vereinbarten Schriftformerfordernissen im Wirtschaftsleben. Im allgemeinen Wirtschaftsleben werde nämlich insbesondere wegen der Bedeutung bestimmter Erklärungen (z.B. Kündigung eines Vertragsverhältnisses) durch das Schriftformerfordernis eine größere Rechtssicherheit angestrebt. Viele der Funktionen der Schriftform seien bei der Einladung zu einer Mitgliederversammlung hingegen von gänzlich untergeordneter Bedeutung. Dies gelte insbesondere für die Abschluss-, Identifikations-, Echtheits- oder Warnfunktion der Schriftform.
Das OLG Hamm hielt das Vorgehen insgesamt für unbedenklich, da kein Mitglied hinsichtlich seiner Rechte beeinträchtigt worden sei. Insbesondere sei keinem Vereinsmitglied eine Übermittlung der Ladung „nur“ auf dem Weg mittels E-Mail aufgezwungen worden. So sei eine Einladung per E-Mail nur an diejenigen Mitglieder versendet worden, die ihre E-Mail Adresse beim Verein hinterlegt hatten. Die anderen Mitglieder erhielten hingegen postalischen Einladungen.
Beraterhinweis
Die Entscheidung des OLG Hamm ist im Ergebnis zu begrüßen. Die Ausführungen zu Sinn und Zweck der Regelung überzeugen eher weniger, da auch Vereinsmitglieder grundsätzlich ein schützenswertes Interesse haben, die Einladung auf dem in der Satzung vorgegebenen Wege zu erhalten. Allerdings trifft die Entscheidung zu, soweit sie die gesetzlichen Regelungen der §§ 126, 127 BGB „nur“ konsequent anwendet.
Allerdings ist auch insoweit zu beachten, dass die Einladung per E-Mail dann nicht mehr ausreichend ist, wenn die Satzung weitere, über die Schriftform hinausgehende Anforderungen an die Einladung stellt (z.B. mittels eingeschriebenen Brief). Insofern sollte der Vorstand vor der Einberufung der Mitgliederversammlung auch weiterhin einen Blick in die Satzung werfen.